Rückblick auf die Jahre 1900 - 1908
Jahrbuch für Aquarien - und Terrarien-Freunde


Trichogaster lalius
gez. von B. Pittrich 1901
Colisa lalia
gez. von  P. Dahlström
Paar des Zwergfadenfisches


Eine der interessantesten Neueinführungen,  die zugleich eine dauernde und wertvolle Bereicherung unseres Aquarienfischbestandes bedeutet,  ist der zur Familie der Labyrinthfische gehörende Zwergfadenfisch,  Trichogaster lalius, der,  was Farbenpracht und Zierlichkeit des Körperbaues anbetrifft,  die übrigen,  ihm eng verwandten Guramiarten weit in den Schatten stellt. Schon die gute Eigenschaft,  daß er niemals eine Größe erreicht,  die seine Pflege im Zimmeraquarium als ungehörig erscheinen ließe,  wird sicher nicht verfehlen,  die Beliebtheit dieses reizenden Fischchens bei allen Aquarienfreunden in bedeutenden Maße zu heben.  Im ausgewachsenen  Zustande übersteigt die Körperlänge des Trichogaster lalia niemals 6 cm.  Der Körper,  seitlich stark zusammengedrückt,  weist auf metallisch schillerndem,  hellblauen Untergrunde eine Reihe (beim Männchen  12 - 13,  beim Weibchen 10 ) schräggestellter,  leuchtend orangeroter Querstreifen auf.,  die aus lauter kleinen Punkten zusammengesetz erscheinen;  das Flossenwerk,  das im Verhältnis zur Körpergröße ausnehmend gut entwickelt erscheint,  ist gleichfalls mit einer Unzahl kleiner roter Tüpfelchen geziert,  mit Ausnahme der farblosen Brustflosse.  Schwanz-, Rücken-und Afterflosse sind überdies mit einem breiten roten Saume versehen.  Wirkungsvoll kontrastiert mit dieser roten Farbe ein leuchtend blauer Flecken in der Nähe der Schwanzflosse.  Die Bauchflosse ist einstrahlig und läuft in einem langen die Körperlänge erreichenden Faden aus.  Die Rückenflossenstacheln nehmen nach hinten an Länge zu,  der weiche Teil der Rücken- und Afterflosse ist abgerundet.  Die Brust des Männchens ist tiefblau,  des Weibchens silberfarben mit rötlichem Schimmer,  der Faden der Bauchflosse ist bei ersterem leicht rötlich,  bei letzterem farblos.  Zur Zeit der Fortpflanzung,  zu der die Fische einer  Wassertemperatur von 25 ° C unweigerlich schreiten,  entwickelt das Männchen eine rege Tätigkeit.  Gleich den Makropoden wird aus feinen,  mit Speichel überzogenen Luftbläschen,  ein Schaumnest zur Aufnahme des Laiches errichtet.  Doch um dasselbe zu festigen und vor einem vorzeitigen Zerfall  zu bewahren,  wird vorher aus geeigneten Pflanzenteilen und Fadenalgen ein kunstvolles Floß gebaut,  dessen Seiten,  das Schaumnest umschließend,  etwas ins Wasser hineintragen und auf diese Weise  gleichzeitig ein verlassen des Nestes von Seite der vorwitzigen Jungbrut vor der Zeit wirksam verhindern.  Das Floß liegt über dem Schaumnest und ragt,  einen flachen Kegel bildend, ca. 2 cm über die Wasserfläche empor.  Beim Nestbau wird Riccia fluitans hauptsächlich bevorzugt,  was bei Bepflanzung des betreffenden Zuchtbeckens nicht außer acht zu lassen ist.  Nach fertigstellung des Nestes wird das Weibchen,  das bis dahin zu beschaulicher Untätigkeit verurteilt war,  erst in Güte,  und wenn das nichts nützt,  mit Gewalt gezwungen,  sich behufs Laichabgabe unter das Nest zu begeben.  Nach erfolgter Befruchtung,  darf das Weibchen wiederum nicht in die Nähe des Nestes kommen,  falls es nicht eine scharfe Zurückweisung seitens des um das Wohl seiner Nachkommenschaft ängstlich besorgten Vaters hervorrufen will.  Aus diesem Grunde ist es ratsam,  das Weibchen sofort nach der Laichabgabe aus dem Zuchtbecken zu entfernen.  Die Jungen schlüpfen in ca. 24 Stunden aus den Eiern und werden im Neste vom Vater bewacht und zusammengehalten.  Nach 2 - 3 Tagen erlischt aber die Vaterliebe des Männchens,  dasselbe kümmert sich nicht mehr um die Brut und kann mit dem Weibchen wieder vereinigt werden.  Die Brut,  die so klein ist,  daß man sie mit freiem Auge kaum wahrnimmt,  wird nun sich selbst überlassen.  Das Wachstum ist ein äußerst minimales.  Die Aufnahme sichtbaren Futters erfolgt erst mit Ablauf der 3. Woche.  Das Aquarium soll reich bepflanzt und veralgt sein,  damit anfangs genügend Nahrung vorhanden sei.  Späterhin verfahre man genau wie bei der Aufzucht junger Makropoden,  nur behalte man stets das eine im Auge,  daß die jungen Trichogaster lalius bedeutend zarter und empfindlicher sind.  Nach 6 - 8 Wochen bereits kann mit sehr fein geschabtem Rind- oder Kalbfleisch zugefüttert werden,  obzwar lebendem Futter stets der Vorzug zu geben ist. Trichogaster lalius ist kein Pflanzenverächter und nimmt von Zeit zu Zeit auch vegatibilische Nahrung zu sich.  Nötige Wassertemperatur 20 - 30 ° C.  Ein Sinken von unter 20° verträgt er vorübergehend ganz gut,  büßt aber dabei viel von seiner Munterkeit und Farbenpracht ein.  Daher sollte er ausschließlich in Aquarien mit  Heizvorrichtung gehalten werden.


Nachtrag

Der obige Artikel ist im Original wiedergegeben

  Jungaquarianer sollten erkennen,  daß diese Beschreibung des Zwergfadenfisches vor 100  Jahren erfolgte!

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